Dr. Martin Luther,
der lutherische Glaube und dessen Ursprung
⌂ 1863
Zeitungsartikel
Im Richmonder Anzeiger vom 4. Juli 1863 schrieb August Wesendonck, der Bruder von Otto und Hugo, seinen Artikel zu Martin Luther. [1]
Während des Amerikanischen Bürgerkrieges verließ er seine Farm "Cluxi" und wohnte in Richmond, der Hauptstadt von Virginia, wo er auf Seiten der Konföderierten sich politisch betätigte.
Richmonder Anzeiger. 10. Jahrgang, Nr. 5, Sonnabend, den 4. Juli 1863, S. 1, Richmond, VA.
Richmonder Anzeiger. 10. Jahrgang, Nr. 5, Sonnabend, den 4. Juli 1863, S. 2, Richmond, VA. (2)
(Für den Richmonder Anzeiger.)
Dr. Martin Luther,
der lutherische Glaube und dessen Ursprung.
der lutherische Glaube und dessen Ursprung.
Erstens bedeutet der lutherische Glaube: Furchtlosigkeit, Vertrauen in Gott (Eine feste Burg ist unser Gott), Krieg mit der Welt (dem Teufel). [Während Dr. Martin Luther auf der Wartburg in Thüringen die Bibel übersetzte, bildete er sich ein, der Teufel sei an der Wand, und er warf das Tintenfaß gegen dieselbe.] – Es bedeutet ferner eine Protestation gegen den Verkauf von Ablaßzettel (daß nicht das Geld, sondern der Glaube allein zum Heil führen kann) und gegen die mißbrauchte absolute Gewalt des Pabstes und der Geistlichkeit. Es bedeutet das Recht des Volkes, die Bibel zu lesen und darüber zu urtheilen. Das Zölibat wird aufgehoben, und die Prediger haben das Recht, zu heirathen. Thue Recht und scheue Niemand! ist Luthers Grundprincip. Die Kirche wollte er zu ihrer ursprünglichen Reinheit zurückführen und alle Kirchenmitglieder am Abendmahle theilnehmen lassen. Während Luther die Gewalt der katholischen Kirche brach, beabsichtigte er dieselbe zu reformiren, derselben eine demokratische Form zu geben, und so das deutsche Reich stark, einig, unüberwindlich und progressiv zu machen, während andere Reformatoren für die Zeitumstände zu weit gingen, in der Absicht, die weltlichen regierungen zu zerstören und den Socialismus einzuführen. Luther war es klar, daß sein neues System existiren konnte, welches in directer Opposition zu allen bestehenden Regierungen stand, und er wollte die Stärke und Zukunft Deutschlands vom Pabstthum unabhängig machen, einen geläuterten allgemeinen Glauben begründen und so die auswärtige Politik von den deutschen Gauen entfernen, um e i n e n g e w a l t i g e n V o r t r a b d e r Z i v i l i s a t i o n i n d i e W e l t z u s e n d e n . Bei der Theilung der Kirche war es den fremden Mächten möglich, das deutsche Reich ebenfalls getheilt zu erhalten.
Faksimile der deutschen Luther-Bibel von 1545 - Biblia Germanica. Deutsche Bibelgesellschaft. (3) [*]
Luther war der furchtlose Bote der Religions-Freiheit, zu deren Schlachtfeld Deutschland gemacht wurde. Die Glückseligkeit gründete er auf den Glauben, Rechtschaffenheit und Furchtlosigkeit. (Wer nur den lieben Gott läßt walten.) Er war ein eifriger Verkünder dieser Lehre, und ohne Luther hielte Rom vielleicht heute noch die Zügel der Kirchenregierung. Sein Beispiel ist begeisternd und reißt zur Bewunderung hin. Seine Lehre ist im dreißigjährigen Kriege durch das Blut Tausender seiner Nachfolger besiegelt worden, nachdem Huß und Andere den Tod auf dem Scheiterhaufen erlitten hatten. Nichts schien edler zu sein, als für die Vertheidigung der wahren Religion zu kämpfen und zu sterben. So fiel der brave Gustav Adolph, König von Schweden, 1632 in der Schlacht bei Lützen als ein Vertheidiger des Protestantismus. Luther wollte die katholische Kirche nicht vernichten, wohl aber dem Unfuge opponiren und Religionsfreiheit etabliren. Daß es mit Feuer und Schwert geschehen mußte, ist sehr zu bedauern, und zeigt uns, daß die menschliche Leidenschaft, wenn sie durch Vorurtheil u. Herrschsucht geleitet wird, vor 346 Jahren ebenso undenkbar als heut zu Tage war. (1517 widersetzte sich Luther zum Erstenmal öffentlich dem Pabste in Wittenberg, indem er dessen Recht, die Sünden zu vergeben, als non est erklärte.)
Man muß eingestehen, daß die Menschheit seit jenen Tagen nur wenig vorgeschritten ist, daß unsere Erziehung unvollkommen, unsere moralische Kraft schwach, und unsere Religion kein besserer Leiter ist, als sie es vor so viel hundert Jahren war.
Wir sind durchaus nicht civilisirt, wir sind wild, leidenschaftlich und unmenschlich, wir verschlingen uns gegenseitig, machen Witwen und Waffen, verwüsten die wunderschöne Erde und verdunkeln das helle Sonnenlicht. Statt Ausbildung der besseren Facultäten, statt wahrer Selbstregierung durch einen christlichen Geist, Nachsicht, Liebe und Barmherzigkeit, Gottvertrauen, Aufklärung, Einfachheit, Wißbegierde u. – was thun wir? Die amerikanische Nation hat sich damit gebrüstet, auf dem Gipfel der Civilisation, der religiösen und politischen Freiheit, des Handels und der Schifffahrt und der Weisheit zu sein, die ganze Welt belehren und erobern zu können. Wohin hat uns diese Eitelkeit geführt? Unsere Eingenommenheit rächt sich fürchterlich. Es war für den amerikanischen Bürger nur ein kurzer Schritt zum Himmel, ein sicheres Privilegium, verdientermaßen unserem großen Lande angehörig. Jetzt müssen wir auf beiden Seiten leiden, und es ausfechten, so gut wir nur können – in der Hoffnung, gescheidt zu werden und in Armuth zu versinken, und Alles wieder von Neuem zu beginnen, mit dem Trost einer goldenen Zukunft vor uns.
100 Jahre Augsburger Bekenntnis, Dreden 1630.
Das Bekenntnis der lutherischen Kirche ist in der Augsburgischen Confession enthalten, welche Melanchton 1530 in deutscher Sprache für den kaiserlichen Reichstag zu Augsburg verfaßte, der unter Karl V. abgehalten wurde.
Martin Luther als "Junker Jörg" 1967 / Martin Luther und Katharina von Bora 1925
Katharina von Bora 1967 / Katharina von Bora 2017.
( 4) Luther war ein Dichter, ein Beförderer des Gesangs, der Collector des ersten Gesangbuches, der Uebersetzer der Bibel und der Gründer des Gottesdienstes in deutscher Sprache. Vor Allem war er auf gute Schulen bedacht. Den Namen "Protestanten" erhielten die Lutherischen 1529 auf dem Reichstag zu Speyer, wo sie gegen die Beschlüsse des Kaisers und der Prinzen protestirten. – Dr. Martin Luther war der Sohn eines armen Bergwerkers in Sachsen, wurde 1483 zu Eisleben geboren, wurde Augustinermönch, Doctor und Professor der Theologie auf der Universität Wittenberg, wo er 1520 die päbstliche Bannbulle öffentlich verbrannte, und darauf hin nach Worms vor den Kaiser Karl V., den Erzherzog Ferdinand, 6 Prinzen, 24 Herzogen, 8 Grafen, 30 Bischöfen und vielen Fürsten und Prälaten berufen wurde, sich jedoch tapfer vertheidigte. – Von Worms begab er sich nach der Wartburg, heirathete 1525 Catharina von Bora und starb 1546 zu Eisleben.
Möge Jedermann durch das Beispiel des großen Reformators ermuthigt werden, und möge das Volk der Süd-Staaten nur vertrauen, daß alle unsere Trübsale und Ungemach glücklich abgeleitet werden, mit dem ernsten Willen : ohne Furcht Recht zu thun.
C l u x i , im Juni 1863.
A u g u s t W e s e n d o n c k.
-------------------------------------[] Anmerkungen von TS.
* Illustrationen nicht Bestandteil des Artikels. [TS]
Am 4. September 1517 stellte Luther zunächst 97 Thesen vor, um einen Disput über die scholastische Theologie unter seinen Mitdozenten anzuregen. Im Oktober verfasste er weitere 95 Thesen, die direkt auf den Ablass Bezug nahmen, schickte sie in einem Brief an den Mainzer Erzbischof Albrecht und verbreitete sie unter Anhängern.
Auf der Wartburg blieb Luther bis zum 1. März 1522 inkognito als „Junker Jörg“. Auf Anraten Melanchthons übersetzte er im Herbst 1521 das Neue Testament in nur elf Wochen ins Deutsche.
Der Thesenanschlag in Wittenberg gilt als Beginn der Reformation. 500 Jahre später feiern wir das Reformationsjubiläum 2017.
Drittes Jubelfest der Reformation 31. October 1817 / Luther-Gedenk-Medaille 1917
Notgeldmünze (Porzellan) 1921 / 50-Euro-Gold-Gedenkmünze 2017.
Notgeldmünze (Porzellan) 1921 / 50-Euro-Gold-Gedenkmünze 2017.
Bilder:
Quellen:
- Wesendonck, August: Dr. Martin Luther, der lutherische Glaube und dessen Ursprung. In: Richmonder Anzeiger. 10. Jahrgang, Nr. 5, Sonnabend, den 4. Juli 1863, S. 2.
Links:
Bibliografie:
- Wesendonck, August: Dr. Martin Luther, der lutherische Glaube und dessen Ursprung. In: Richmonder Anzeiger. 10. Jahrgang, Nr. 5, Sonnabend, den 4. Juli 1863, Richmond, VA 1863, S. 2.
- Lang, Heinrich: Martin Luther. Ein religiöses Charakterbild. Verlag von Georg Reimer, Berlin 1870 (in der Bibliothek Otto Wesendonck).
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