Prof. Dr. Johann Gottfried Kinkel
* 1815 - † 1882
Evangelischer Theologe, Wissenschaftler, Schriftsteller, Kirchenlieddichter und demokratisch gesinnter Politiker
Er stand in engem Kontakt mit Otto und Mathilde Wesendonck.
Seine Eltern waren der Pastor Johann Gottfried Kinkel und Sibylle Marie, geb. Beckmann.
Nach dem Abitur immatrikulierte er sich 1831 an der Universität Bonn für das Fach Theologie, danach von 1834 - 1835 in Berlin. In den Jahren 1836 - 1838 schloss er in Koblenz am Konsistorium und in Bonn an der theologischen Fakultät der Universität Bonn seine Prüfungen ab.
Seit 1837 war er an der Bonner theologischen Fakultät Dozent für Kirchengeschichte. Er war Privatdozent für Kirchengeschichte in Berlin.
Im Frühjahr 1839 lernte er die katholische, in Scheidung lebende Johanna, die Tochter seines früheren Bonner Gymnasiallehrers, Peter Mockel, kennen. Sie konvertierte zum evangelischen Glauben. Diese Beziehung war ein Bonner Stadtgespräch. Nach der Karenzzeit, 1843 heirateten sie, beider Freund, Emanuel Geibel, war Trauzeuge.
Seine Heirat mit einer geschiedenen katholischen Frau führte 1845 zur Umhabilitierung zur philosophischen Fakultät. Ab 1846 wirkte er dann als außerordentlicher Professor für Kunst- und Literaturgeschichte an der Universität Bonn. Am Gymnasium von Bonn wurde er Religionslehrer.
1848 wurde er Redakteur der Bonner Zeitung.
Kinkel, Gottfried: Otto der Schütz. Cotta 1877.
Er veröffentlicht eine Reihe von Büchern, z. B.: 1846: Otto der Schütz. Dieses Buch erlebte rund 100 Auflagen bis in das 20. Jahrhundert hinein.
Eine kleine Auswahl des schriftstellerischen und wissenschaftlichen Schaffens finden Sie in der Bibliografie.Erstes Abenteuer.
Die Rheinfahrt.
In klarer Frühlingsabendpracht,
Wenn schon der Sterne Heer erwacht,
Wenn kühl der Mond im Ost sich hebt,
Die Flur mit blauem Duft umwebt,
Indeß im West des Abends Strahlen
Den Himmel heiß mit Purpur malen;
Wenn Nachtigallenschlag erschallt
Und drein im Nachthauch rauscht der Wald;
Wenn aus des Wassers dumpfer Schwüle
Der Fisch mit luft'gem Sprung sich schnellt
Und in der weichen Schlummerkühle
So still und heimlich liegt die Welt;
Wenn in der Uferweiden Dunkel
Der Elfen Chor den Reigen schlingt,
Und aus dem Strom ein leis Gemunkel
Der Nixen auf zum Lichte klingt:
Das ist die zauberhafte Stunde,
Wo Tag und Nacht in gleichem Bunde
Dich kränzen mit dem schönsten Schein,
Du Fürst der Ströme, trauter Rhein! [1]
Im Juni 1840 gründeten er, Johanna und andere in Bonn eine literarische Gruppe, den Maikäferbund.
Johanna Kinkel. 1840.
Am 31.05.1848 gründete er den demokratischen Verein in Bonn. Am 05.02.1849 wurde er als demokratischer Kandidat für den Wahlkreis Bonn-Sieg in die preußische Nationalversammlung gewählt. Er wurde zur Symbolfigur derer, welche eine Republik gründen wollten.
Er wurde wegen seiner Beteiligung am "Siegburger Zeughaussturm" im Mai 1849 am 19.01.1850 angeklagt und am 02.05.1850 vom Geschworenengericht in Köln freigesprochen. Er beteiligte sich am badisch-pfälzischen Aufstand, wo er auch verwundet wurde. Nach der Einnahme der Festung Rastatt durch die Preußen wurde er verhaftet und zuerst in den Kasematten von Rastatt und dann im Rathausturm von Karlsruhe eingesperrt.
Für sein Eintreten für die Revolution wurde er in einem Prozess des Rastatter Kriegsgerichts vom 04.08.1849 zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt. Er kam in das Gefängnis in Bruchsal, dann in das Zuchthaus Naugard (Pommern) und schließlich nach dem Kölner Gericht im Mai 1850 in das Spandauer Zuchthaus. Praktisch über Nacht avancierte er zum Märtyrer der Revolution. Es bildeten sich in vielen Städten Kinkel-Komitees, welche Geld sammelten, um seine Familie zu unterstützen. Er wurde von Carl Schurz in der Nacht vom 06./07.11.1850 befreit. Der erste Versuch eine Nacht vorher missglückte.
Plötzlich hörte ich eine leise Bewegung, und an dem andern Ende des Torwegs sah ich eine dunkle Gestalt erscheinen, als wäre sie, wie ein Gespenst, aus der Mauer herausgetreten. Meine Hände schlossen sich fester um meine Waffen. Im nächsten Augenblick erkannte ich im matten Licht Brune. Da war er endlich, aber allein. [2]Er ging als Flüchtling durch Mecklenburg, über Rostock und Warnemünde (17.11.1850) nach Schottland (01.12.1850 in Edinburgh) ins Exil. Weiter führte sein Weg ihn über London, Paris und zurück nach London. Im Januar 1851 folgte Johanna mit den vier Kindern nach London. Im September 1851 ging er in die USA, u. a. um Spenden für eine Befreiungsarmee zu sammeln. Er verbrachte die Zeit vom 14.09.1851 - 25.02.1852 in New York. In der Zwischenzeit blieb die Familie in London.
Im März 1852 kehrte er nach London zurück und wurde Professor für Literaturgeschichte, deutsche Literatur, am Hyde-Park-College, später dann am Bedford-College.
Gottfried Kinkel. 1840.
Am 15.11.1858 starb seine Ehefrau Johanna, die Schriftstellerin und Komponistin.
Kurz darauf begründete er in London die deutschsprachige Zeitung Hermann, deren erster Chefredakteur er wurde. Zwar legte er die Herausgeberschaft bereits im Sommer 1859 wieder nieder, die Zeitung konnte sich jedoch auch unter seinem Nachfolger Ernst Juch erfolgreich behaupten und ging später in der Londoner Zeitung auf, die bis 1914 erschien.
1860 heiratete er die in London lebende Minna Werner aus Königsberg. 1861 beauftragte ihn die britische Regierung mit Vorträgen zur älteren und neueren Kunstgeschichte im South-Kensington-Museum. Damit wurde der Grundstein für das Unterrichtsfach "Kunstgeschichte" in Großbritannien gelegt. 1863 wurde er als Examinator an die Universität London berufen. Im Jahr darauf gründete er mit seinem Freund D. Leitner den Verein für Wissenschaft und Kunst in London.
1866 nahm er eine Professur für Kunstgeschichte am Polytechnikum in Zürich an, dem Vorläufer der Volkshochschule. In einem Brief (15.12.1867) bietet Mathilde ihm ihre Bibliothek für seine Studien an.
Er gründete das Zürcher Kupferstichkabinett.
Er hielt einen Vortrag zum Thema Die Malerei der Gegenwart und 1872 einen im Casino zu Winterthur Kunst und Cultur im alten Italien vor der Herrschaft der Römer. In einer Vorlesungsankündigung für das Sommersemester 1877 standen die Themen Kunstgeschichte des Mittelalters und Erklärung der Sculpturen und Vasen in der Archäologischen Sammlung.
Er war mit den Dichtern Emanuel Geibel, Ferdinand Freiligrath und Karl Simrock freundschaftlich verbunden.
Leider kam es in den Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre zum Zerwürfniss zwischen Gottfried Kinkel und Mathilde Wesendonck. Er kritisierte wohl ihre dramatischen Werke und mit dieser Kritik konnte sie anscheinend schlecht umgehen. 1869 schrieb er aber eine positive und wohlwollende Rezension zu ihrer Gudrun. Was war also der wirkliche Grund zu diesem Gedicht?
Nach dem Wegzug der Wesendoncks aus Zürich nach Dresden 1872 infolge des Tonhallekrawalls 1871 veröffentlichte er ein "Abschiedsgedicht", was eine verschlüsselte Abrechnung seinerseits darstellt.
Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft. Band I. Verlag von A. H. Payne, Leipzig 1873, S. 156. [3]
Einer Weltdame.
Adieu! – Nicht gar zu herzlich klingt es,
So voll nicht aus der Seele singt es,
Als wenn wir sagten: Lebe wohl!
Recht so! Wir sind geschiedne Leute,
Und Beide wissen wir es heute:
Das, was uns je verband, war falsch und hohl.
Ein rechtes Weib ist gleich der frischen Au,
Gebadet und begnadet von dem Thau.
Leis wächst das zarte Gras und grünt allstund,
Nur hinzuseh'n macht schon das Aug' gesund.
Viel tausend wilde Blumen blüh'n in Luft,
Sich selbst erquickend, an der Erde Brust;
Ein liebend Brünnlein tränkt sie hold mit Güte,
Und Jahr um Jahr erneut sich ihre Blüthe.
Klein mag die Au sein – sie ist immer grün,
Süß ist die Rast dort nach des Tages Glüh'n.
Du aber, ja Du bist ein Fleckchen Sand,
Vom Gluthauch Deiner Eitelkeit verbrannt.
Doch kauft Dein Geld Dir manchen fleiß'gen Tropf,
Der in Dich einsetzt manchen Blumentopf.
Du prangst und prunkst mit Düften vor der Welt,
Die all' erwuchsen auf dem fremden Feld;
Die bunt'sten Farben schmücken Dich und scheinen
Zum grünen Gartenbeet sich zu vereinen,
So lang sie frisch sind: doch kein Lebensquell
Aus Deinem Boden hält sie grün und hell –
Wurzel schlägt keine, keine trägt Dir Samen,
Sie dorren ab und gehen wie sie kamen.
Dich selber drum erquickt kein Blumenflor,
Sand bist Du, bleibst Du, wie Du warst zuvor,
Ein dürrer Feenring auf Elvershöh' –
Und drum: Adieu!
Gottfried Kinkel [3]
Am 13.11.1882 verstarb er nach längerer Krankheit in Zürich. Eine Amnestie des preußischen Staates wurde ihm nicht zuteil. Er wurde auf dem Zürcher Friedhof Sihlfeld begraben.
Die Kinkelstrasse in Zürich ist nach ihm benannt.
Bilder:
- Höfling, Bernhard: Porträt Gottfried Kinkel, Kölnisches Stadtmuseum.
Quellen:
- A. a. O. : Otto der Schütz. 1883, S. 1 ff.
- A. a. O. : Lebenserinnerungen. 1950, S. 273. (Lebenserinnerungen. 1906, Bd. 1, S. 313.)
- Kinkel, Gottfried: Einer Weltdame. In: Rodenberg, Julius (Hrsg.): Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft. Band I. Verlag von A. H. Payne, Leipzig 1873, S. 156.
Links:
Bibliografie:
- Kinkel, Gottfried: Ausgewählte Tragödien des Euripides. Vero Verlag, Norderstedt 2014.
- Kinkel, Gottfried: Der Grobschmied von Antwerpen in sieben Historien. J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger, Stuttgart 1872.
- Kinkel, Gottfried: Der Hauskrieg. Eine Geschichte vom Niederrhein. Carl Flemming und C. T. Wiskott, Berlin 1908.
- Kinkel, Gottfried: Die Ahr. Landschaft, Geschichte und Volksleben (= Ein Führer für Ahrreisende). T. Habicht, Bonn 1846.
- Kinkel, Gottfried: Die Ahr. Eine romantische Wanderung vom Rheintal in die Hohe Eifel. Bachem, Köln 1976.
- Kinkel, Gottfried: Die Gypsabgüsse der Archäologischen Sammlung im Gebäude des Polytechnikums in Zürich. Schabelitz'sche Buchhandlung (Cäsar Schmidt), Zürich 1871.
- Kinkel, Gottfried: Die Malerei der Gegenwart. (= Oeffentliche Vorträge gehalten in der Schweiz. H. II). Schweighauserische, Basel 1871.
- Kinkel, Gottfried: Einer Weltdame. In: Rodenberg, Julius (Hrsg.): Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft. Band I. Verlag von A. H. Payne, Leipzig 1873, S. 156.
- Kinkel, Gottfried (Bearb.): Epicorum Graecorum Fragmenta (= Bibliotheca Scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). Teubner, Leipzig 1877.
- Kinkel, Gottfried u. Johanna: Erzählungen. J. G. Cotta'scher Verlag, Stuttgart, Tübingen 1849.
- Kinkel, Gottfried: Gedichte. J. G. Cotta'scher Verlag, Stuttgart und Tübingen 1843.
- Kinkel, Gottfried: Gedichte. Erste / Zweite Sammlung. J. G. Cotta'scher Verlag, Stuttgart 1868.
- Kinkel, Gottfried: Geschichte der bildenden Künste bei den christlichen Völkern. Vom Anfang unserer Zeitrechnung bis zur Gegenwart. Henry & Cohen, Bonn 1845.
- Kinkel, Dr. Gottfried: Kunst und Cultur im alten Italien vor der Herrschaft der Römer. Vortrag gehalten im Casino zu Winterthur am 3. Dezember 1872 (= Oeffentliche Vorträge gehalten in der Schweiz, Bd. IV, H. XI). Schweighauserische, Basel 1878.
- Kinkel, Gottfried: Mosaik der Kunstgeschichte. Oppenheim, Berlin 1876.
- Kinkel, Gottfried: Nimrod. Ein Trauerspiel. Rümpler, Hannover 1857.
- Kinkel, Gottfried: Otto der Schütz. Eine rheinische Geschichte in zwölf Abenteuern von Gottfried Kinkel. Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung, Stuttgart 1883 (59., 1. Aufl. 1846).
- Kinkel, Gottfried: Rheinische Novellen. Herausgegeben von Hans Kliche (= Der Domschatz. Bd. 8). Dom-Verlag, Berlin 1921.
- Kinkel, Gottfried: Tanagra. Idyll aus Griechenland. Verlag von George Westermann, Braunschweig 1883.
- Kinkel, Gottfried (Hrsg.): Vom Rhein (= Leben, Kunst und Dichtung. Jahrgang 1847). Verlag von G. D. Bädeker, Essen 1847.
- Bebler Emil: C. F. Meyer und Gottfried Kinkel. Ihre persönlichen Beziehungen auf Grund ihres Briefwechsels. Rascher, Zürich 1949.
- Berg, Angelika: Gottfried Kinkel. Kunstgeschichte und soziales Engagement(= Veröffentlichungen des Stadtarchivs Bonn, Bd. 36) (= Dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität München). Ludwig Röhrscheid Verlag, Bonn 1985.
- Beyrodt, Wolfgang: Gottfried Kinkel als Kunsthistoriker (= Veröffentlichungen des Stadtarchivs Bonn, Bd. 23). Mit einem Verzeichnis der Schriften von Gottfried Kinkel. Ludwig Röhrscheid Verlag, Bonn 1979.
- Kessel, Eberhard (Hrsg.): Die Briefe von Carl Schurz an Gottfried Kinkel (= Jahrbuch für Amerikastudien, H. 12). Carl Winter Universitätsverlag, Heidelberg 1965.
- Rösch-Sondermann, Hermann: Gottfried Kinkel als Ästhetiker, Politiker und Dichter (= Veröffentlichungen des Stadtarchivs Bonn, Bd. 29). Mit einem Verzeichnis der Schriften von Gottfried Kinkel. Ludwig Röhrscheid Verlag, Bonn 1982.
- Schurz, Carl: Lebenserinnerungen. Der schicksalsreiche Aufstieg eines großen deutschen Freiheitskämpfers von 1848 zum amerikanischen Staatsmann. Bearbeitet von S. v. Radecki. (= Manesse- Bibliothek der Weltliteratur) Manesse Verlag, Zürich um 1950 [zu Kinkels Flucht: S. 247 - 310].
- Schurz, Carl: Lebenserinnerungen. 3 Bände. Verlag von Georg Reimer, Berlin 1906.
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