04.09.2012

François Wille

François WilleDr. François 'Franz' Arnold Wille


* 1811 - † 1896

Schweizer Journalist, Publizist, Politiker, Ehemann von Eliza Wille


Er war ein Freund Richard Wagners während der Zürcher Jahre seines Exils. 


Die Familie Wille (Vuille) stammt ursprünglich aus dem heutigen Kanton Neuenburg, burgundischen Ursprungs.

Er wurde am 20.01.1811 geboren. Er war der Sohn eines nach Hamburg ausgewanderten Neuenburgers und einer Hamburgerin. Er betrieb das Studium der Jurisprudenz und der Philologie. Er war ein äußerst mutiger Student. Unter Freunden war sein Spitznamen le Balafré (Narbengesicht). Dieser Mut zog auch seinen Göttinger Corpsbruder externer Wiki-Link Otto von Bismarck an.
In Hamburg war er vorwiegend als Journalist tätig. Er war Redakteur, später Mitbesitzer und Herausgeber der Literarischen und kritischen Blätter der Börsenhalle. Er war auch zwischenzeitlich Redakteur der Hamburger Neuen Zeitung. Durch Geist und Schärfe seiner politischen Artikel und durch die Stärke seiner Überzeugung erregte er Aufsehen. Er trat für die Pressefreiheit ein, die auch einen kurzen Moment aufkeimte, zum Ärger der Preußischen Regierung (u. a. 1844 Heines Veröffentlichung seines Deutschland - ein Wintermärchen).
In den Literarischen Geheimberichten aus dem Vormärz, herausgegeben von Karl Glossy, ist vermerkt:
Wille war Teilnehmer am externer Wiki-Link Hambacher Fest und spielte in der Schweiz unter dem Kriegsnamen "Löwenzahn" in den Clubs des "Jungen Deutschlands" eine hervorragende Rolle. [1]

Der Zug zum Hambacher Schloss am 27. Mai 1832. Kolorierte Federlithographie, um 1832.

externer Wiki-Link Hoffmann von Fallersleben und seine Frau Eliza schrieben in ihren Erinnerungen:
Ich verkehrte viel mit François Wille. Er hatte als Herausgeber der Neuen Zeitung dieselbe zu einem Blatte aller Freisinnigen gemacht, besonders der verfassungstreuen Hannoveraner. Er vereinigte viel Geist mit vieler Sinnlichkeit, ernstes männliches Streben mit jugendlichem Leichtsinn. Er war lebendig und rasch in seinem ganzen Wesen, witzig und ergötzlich im Erzählen, rücksichtslos gegen Ansichten und Lebensverhältnisse Anderer, zumal wo ihm Philisterei, Dünkel und Engherzigkeit entgegentreten oder wo er niederträchtige Gesinnung gewahrte. In vertrauten Kreisen pflegte er gerne burschicos und renommistisch zu sein, wenn er auf seine Studentengeschichten und Junggesellenabenteuer zu sprechen kam ... Er mochte sein wie er wollte, er war immer ein interessanter Gesellschafter und tüchtiger Publicist. [2]
... und auch von anderer Seite wurde der Journalist wertgehalten, der den Ideen einer neuen Zeit, einer geknechteten Presse zum Trotz, mit guten und fein geschliffenen Waffen zu Hilfe gekommen ist. Wort und Witz standen ihm zu Gebot, und wenn er auf der Bresche täglich allen Pfeilen ausgesetzt war, die aus dem Hinterhalte auf ihn zielten, so hat ihn dieses nicht aus seiner Position gedrängt. [3]

Er lernte Eliza Sloman, die Tochter des Hamburger Reeders externer Wiki-Link R. M. Sloman, kennen und heiratete sie 1845.
Er wurde Mitglied des Frankfurter Parlaments. 1849 kehrte er in Folge der gescheiterten liberalen Revolution zunächst in die Schweiz zurück. Er griff nur noch selten zur Feder, schrieb ein Buch über den Hamburger externer Wiki-Link Mettlerkamp und hin und wieder eine Rezension.

1851 verließ er mit seiner Frau Hamburg und ließ sich später auf dem Gut Mariafeld in Feldmeilen nieder, welches sie vom Reichsregenten externer Wiki-Link Simon erwarben. externer Wiki-Link Heinrich Simon hatte es zusammen mit seinem Freund externer Wiki-Link Conrad v. Rappard (beide Mitglieder der Frankfurter Nationalversammlung) nach dem Scheitern der Revolution erworben.
Hier lernte er auch Richard Wagner kennen. Er beteiligte sich in der Schweiz auch nur kurze Zeit, einmal in Gemeinschaft mit Gottfried Keller, am politischen Leben. Richard Wagner schrieb in Mein Leben:
Der Hauptgenosse Herweghs war Dr. François Wille. Diesen hatte ich schon vor längerer Zeit zum ersten Male bei Herwegh kennengelernt: er zeichnete sich durch ein in Studenten-Duellen zerfetztes Gesicht aus, ausserdem durch eine zuversichtliche Neigung zu witzigen, drastischen Bemerkungen. Seit kurzem hatte er sich bei Meilen am Züricher See mit seiner Familie niedergelassen, und mich mit Herwegh öfter veranlasst ihn dort zu besuchen. Wir trafen da die Gewohnheiten einer Hamburger Familie an, welche durch seine Frau, eine Tochter des reichen Schiffsreeders Sloman, in ziemlicher Wohlhabenheit erhalten wurde. [4]
In der zweiten Hälfte der 50er Jahre besuchte er mehrmals Schopenhauer in Frankfurt. Bei seinem ersten Besuch im Frühjahr 1855 nahm er für Wagner Grüße mit und den Dank für die Zusendung der Nibelungen mit der Bemerkung:
... allein er solle die Musik an den Nagel hängen, er hat mehr Genie zum Dichter. [5]
Im September 1863 besuchte der Bildhauer Joseph Kopf die Willes. In seinen Erinnerungen schreibt er zu dieser Begegnung:
Auch Doktor Wille, der unten am See eine Villa hat, besuchte ich und lernte seine bedeutende Frau und seine zwei hoffnungsvollen Söhne kennen. [6] 

1867 verfasste er seine Erinnerungen an Heinrich Heine, die er für den Verlag Hoffmann und Campe, der eine Heine-Biografie veröffentlichte (1867 - 1869), zur Verfügung stellte. Der Herausgeber, externer Wiki-Link Adolf Strodtmann, sandte das Manuskript an ihn zurück (es verblieb in der Familie Wille) mit der Begründung:
... daß der Aufsatz von dem „Thema jenes Heineschen Aufenthaltes in Hamburg während der Herbstmonate 1843 jeden Augenblick abschweift", daß er „auf Heines Buch über Börne, auf die Reisebilder, auf Ihre Gespräche mit einem Irrenarzt und mit Schopenhauer abspringt ...". [5, 7]
Er war ein Mann von seltenem Geist und ausgeprägtester Individualität, der so manchen Andern magnetisch anzog ("Tafelrunde von Mariafeld"). Seine Bedeutung für die vielen Freunde lag in der Energie der Lebensführung, in der Kraft der Persönlichkeit, in der Schärfe des unabhängigen und anregenden Geistes, in den Tugenden des liebenswürdigen Wirtes. Nachhaltigen Eindruck machte er namentlich auf C. F. Meyer, den er als einen noch Namenlosen und in langsamer, stiller Entwicklung Begriffenen im Herbst 1869 kennen lernte. Er wurde sein Freund, kritischer Leser und Rezensent. 
Hier das Ende des Mönches ich habe es möglich gemacht, für Sie die Correctur Fahnen unnötige Explication! zurückzubekommen. Werfen Sie einen gründlichen Blick auf dasselbe. Sie sind geradezu der Einzige, l. Freund, zu dem ich das Vertrauen habe. Es ist auch wol möglich, daß Ihre Gegnerschaft gegen den neuen Hutten ernste Berücksichtigung verdient. Eine neue Auflage ist nötig. Wir werden in dem Januar Diis volentibus darüber conferiren. [8]
C. F. Meyer beabsichtigte denn auch, den Lebenslauf seines merkwürdigen, vierzehn Jahre älteren Freundes zu schreiben. C. F. Meyer widmete (Vergrößern) seine Dichtung Huttens letzte Tage dem Ehepaar Wille.

Widmung

1894, nach dem Tod seiner Frau, gab er die Fünfzehn Briefe und ihre Erinnerungen an Richard Wagner als Buch heraus, beim gleichen Verleger, wo die Briefe in drei Folgen in der Deutschen Rundschau bereits 1887 erschienen.

Er war der Vater von Arnold und externer Wiki-Link Ulrich Wille (* 1848 - † 1925), dem General der Schweizer Armee im Ersten Weltkrieg, der mit Clara Constanze Gräfin von Bismarck (* 1851 - † 1946), der Tochter von externer Wiki-Link Friedrich Wilhelm Graf von Bismarck (* 1783 - † 1860), verheiratet war.

Am 08.01.1896 verstarb er.


Bilder:
  1. François Wille. Ausschnitt aus einer Lithografie, um 1840.

Quelle:
  1. Glossy, Karl (Hrsg.): Literarische Geheimberichte aus dem Vormärz. In: Jahrbuch der Grillparzer-Gesellschaft. 21. - 23. Jahrgang (= 3 Bd.). Carl Konegen, Wien 1912.
  2. Vögel, Bernhild: externer Link Die Zeit. Ein Nachruf. 1996. Nach: Hoffmann von Fallersleben: Mein Leben: Aufzeichnungen und Erinnerungen. Carl Rümpler, Hannover 1868 - 1870.
  3. Wille, Eliza: Wille, Jürg (Hrsg.): Erinnerungen an Richard Wagner. Mit 15 Briefen Richard Wagners. Atlantis Musikbuch-Verlag, Zürich 1982. 
  4. Wagner, Richard: Mein Leben. Zweiter Band., Dritter Theil. 1850-1861. München 1911, S. 576.
  5. Hübscher, Arthur: externer Link PDF Franz Wille bei Schopenhauer. In: 49. Jahrbuch der Schopenhauer-Gesellschaft. Mainz 1968, S. 166. 
  6. Kopf, Josef von: Lebenserinnerungen eines Bildhauers. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart und Leipzig 1899, S. 260.
  7. Nach einem Brief vom 17.08.1867 von Adolf Strodtmann an François Wille (in 5). 
  8. externer Link PDF Brief von C. F. Meyer an François Wille. Kilchber, 12. Dezember 1883. 

Links:

Bibliografie:
  • Wille, Eliza: Fünfzehn Briefe von Richard Wagner nebst Erinnerungen und Erläuterungen von Eliza Wille geb. Sloman. In: Deutsche Rundschau. Februar - März 1887 (= 3 Folgen).
  • Wille, Eliza: Wille, François (Hrsg.): Fünfzehn Briefe von Richard Wagner. Nebst Erinnerungen und Erläuterungen von Eliza Wille, geb. Sloman. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1894.
  • Bélart, Hans: Richard Wagners Beziehungen zu François und Eliza Wille in Mariafeld bei Zürich (1852-1872) und sein Asyl auf Mariafeld (1864). Verlag Carl Reissner, Dresden 1914.
  • Galley, Eberhard: François Willes Erinnerungen an Heinrich Heine. In: Heine-Jahrbuch 6. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 1967, S. 3 - 20.
  • Zeller, Hans (Hrsg.): C. F. Meyers Briefwechsel. Conrad Ferdinand Meyer - Francois und Eliza Wille. Briefe 1869-1895. Benteli Verlag, Bern 1999.


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