Brief vom 21. Juli 1862
Richard Wagner an Otto Wesendonck
Ein Brief von Richard Wagner an Otto Wesendonck aus dem Jahre 1862.
Der Maler Cäsar Willich soll im Auftrag von Otto Wesendonck ein Ölgemälde von Richard Wagner, der sich gerade für ein paar Monate in Biebrich aufhält, anfertigen.
Biebrich, 21. Juli 62.
Lieber Freund!
Nach einer sehr niederschlagenden Conferenz mit meinem Verleger, dem ich leider noch nicht viel Vollendetes von meiner neuen Arbeit übergeben konnte, und der deshalb mit allerhand Ausflüchten mir entgegnete, bleibt mir nichts übrig, als mich noch einmal nach Ihnen umzusehen, und Sie zu fragen, ob es Ihnen irgend möglich sein dürfte, mir mit - [Eintausend] Gulden auszuhelfen? Sie begreifen, dass nur die äusserste Bedrängniss mich zu der Unzartheit bewegen kann, Sie nochmals um Hülfe anzugehen. Ich weiss wirklich nicht mehr, wie ich der stets grösseren Erschwerung meiner Lebensbedingungen gegenüber noch an ferneres Bestehen denken können soll. Die bezeichnete Summe bedarf ich unumgänglich, um für jetzt und die nächsten Monate zu bestehen, namentlich auch um meiner sehr leidenden Frau Unterstützung und Mittel zu ihrer bevorstehenden Niederlassung in Dresden verschaffen zu können. Alles aber noch in der Hoffnung, dass es mir möglich wird, mit den Meistersingern zu Stand zu kommen.
Ich fürchte, unter solchen Umständen reut Sie Ihr an Herrn C. Willich gegebener Auftrag: finden Sie einen Vorwand, diesen zurückzuziehen, so ist mir diess übrigens geradesweges willkommen.
Ueber das Wohlergehen in Ihrer Familie freue ich mich herzlich!
Beste Grüsse vonIhrem
Richard Wagner.
Bilder:
- Briefe Richard Wagners an Otto Wesendonk. 1852 - 1870. Berlin 1905.
Quellen:
- Golther, Wolfgang (Hrsg.): Brief 44. In: Briefe Richard Wagners an Otto Wesendonk. 1852 - 1870. Verlag von Alexander Duncker, Berlin 1905, S. 105.
Links:
Bibliografie:
- Golther, Wolfgang (Hrsg.): Briefe Richard Wagners an Otto Wesendonk. 1852 - 1870. Verlag von Alexander Duncker, Berlin 1905.
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