02.02.2013

Worte gesprochen von dem Gatten

Wilhelmine Wesendonck, 1884Worte gesprochen von dem Gatten


1889

Am Sarge von Frau Wilhelmine Wesendonck 


Am 24.08.1889 starb die Frau von Hugo Wesendonck, Johanna Wilhelminageb. Schramm (* 1820, Krefeld - † 1889, Ems).  Hugo ist ein Bruder von Otto Wesendonck.
Die Trauerfeierlichkeiten fanden nach der Überführung nach New York am 16.09.1889 im Hause der Familie Wesendonck, 69 West 55ste Straße, statt. Die Rede zur Todenfeier hielt der langjährige Freund und ebenfalls ein Forty-Eighter wie Hugo, Carl Schurz. Auch Hugo selbst hielt zum Gedenken an seine liebe Frau eine gefühlvolle Rede. Im Anschluss wurde sie im Familiengrab auf dem Green-Wood Cemetery in Brooklyn beigesetzt. Hier sprach das Vorstandsmitglied (Board of Directors) der Germania Life Insurance Company, Alfred Roelker, zu den Versammelten. Das Solo-Quartett des Deutschen Liederkranz begleitete die Trauerfeier stimmungsvoll.


Worte gesprochen am Sarge von Frau Wilhelmine Wesendonck, 1889
Worte gesprochen am Sarge von Frau Wilhelmine Wesendonck, 1889. [1]
  
Worte gesprochen

Am Sarge von
Frau Wilhelmine Wesendonck,
geboren zu Crefeld am 10ten April 1820,
gestorben zu Ems am 24sten August 1889
und auf Greenwood Cemetery zur Ruhe bestattet
am 16ten September l889.

Worte gesprochen
von
d e m  G a t t e n.

Solo-Quartett.
"Da unten ist Frieden im dunklen Haus".

Es mag ungewöhnlich sein, daß der hauptleidtragende oder einer der Hauptleidtragenden an der Bahre eines theuren dahingeschiedenen Wesens seinem Schmerze Ausdruck gibt. Aber es drängt mich doch, an dieser Stelle in meinem und in unsrer Kinder Namen der Verstorbenen zu danken für das unendliche Maß von Liebe und Güte, die sie uns bis zu ihrem letzten Augenblick bewiesen hat.
Noch kurz ehe sie in den Schlaf verfiel, aus dem sie nicht mehr erwachen sollte, hatte sie ein Wort der Liebe für mich und bis zu ihrer letzten Stunde war ihr Geist mit unsern Kindern und ihrem Wohl beschäftigt. Sie liebte uns so wie wir waren, mit allen unsern Mängeln.
Heute vor 43 Jahren wurde uns ein Sohn geboren, den wir vor 51/2 Jahren von dieser Stelle aus zu Grabe geleiteten. Wie hat sie diesen Sohn geliebt, und ihm nachgetrauert in allen seinen Beziehungen bis an's Ende!
Und die Sprache hat keine Worte, es auszudrücken, wie sehr sie sich um die Erziehung unserer Tochter verdient gemacht hat. Sie machte es zu ihrer Lebensaufgabe, sie zu einem nützlichen und glücklichen Mitgliede der menschlichen Gesellschaft heranzubilden. Und diese Aufgabe ist ihr vollkommen gelungen. Alles, was sie ist, und uns ist dies viel, sehr viel, verdankt sie der theuren Dahingeschiedenen.
Aber wie hat ihr auch unsere Tochter diese Liebe vergolten! Nie ist eine Mutter mehr geliebt, nie ist eine Kranke zärtlicher gepflegt worden. Beide waren so miteinander verwoben, als ob sie nur ein Wesen gewesen wären.
Der Stürme des Lebens sind viele an uns vorübergegangen. Aber was das Schicksal auch bringen mochte, immer war sie mir nicht nur eine treue, sondern auch eine muthige Gefährtin, voll von Vertrauen, daß doch Alles gut werden würde.
Und es ist Alles gut geworden. Sie liebte das Leben und seine Freuden, und in einem 45jährigen Leben an meiner Seite hat sie dieselben gekostet, so weit ihr schwacher Körper es gestattete. Freilich auch seine Leiden. Aber ob Freud', ob Leid, sie hat ihr ganzes Leben ausgelebt, und die Ihrigen und ihre Nebenmenschen glücklich gemacht!
Und nun ist sie für immer dahin! Unserem Hause ist die Seele entflohen! Was sind wir ohne sie?
Aber aus unserem Inneren heraus wird ihr Geist als ein seliger Engel uns umschweben bis an's Ende. Amen!

 
Inhalt des Heftes:

 

Bilder:
  1. Vergrößern Wilhelmine Wesendonck. 1884. [1]

Quellen:
  1. A. a. O.: Worte gesprochen.  

Bibliografie:
  • Worte gesprochen am Sarge von Frau Wilhelmine Wesendonck, geboren zu Crefeld am 10ten April 1820, gestorben zu Ems am 24sten August 1889 und auf Greenwood Cemetery zur Ruhe bestattet am 16ten September 1889.  


Keine Kommentare: