10.08.2010

Ein Heldengrab bei Metz

Mathilde Wesendonck: Gedichte, Volksweisen, Legenden und Sagen. Verlag der Dürr'schen Buchhandlung, Leipzi 1874Ein Heldengrab bei Metz
Was zieht im lichten Morgenschein


1870 (?), 1874

Gedicht


Dies ist ein Gedicht von Mathilde Wesendonck, welches in ihrem Buch Gedichte, Volksweisen, Legenden und Sagen (Patriotische Lieder. 1870, № 7) von 1874 veröffentlicht wurde.
 
Dieses Gedicht  beschreibt eine Beerdigung von Offizieren im Krieg. 

 
Patriotische Lieder. 1870 - 7.

Ein Heldengrab bei Metz.

 
Was zieht im lichten Morgenschein
Zum Thalgrund dort ein Häuflein klein?
Es zieht in den grünen, rauschenden Wald,
Am Wiesenhügel, da macht es Halt.

Und unter des Eichbaum's frischestem Ast,
Da setzt es nieder die traurige Last,
Drei todte Helden auf einer Bahr',
Zum Hügel sie trug der Getreuen Schaar.

Der Eine der Drei war ein edler Graf,
Doch theilt er im Bivouak  bieder und brav
Mit seinen Soldaten Entbehrung und Müh',
Drum trauern um Stillfried wie Brüder sie.

Der Zweit' ein tapf'rer Hauptmann war,
Der Dritte ein Lieutenant, jung an Jahr',
Sie fochten und fielen zur selbigen Stund',
Nun ruhen die Dreie im Rasengrund.

Wo gab es ein trauriger, schauriger Thun?
Die Hack' und der Spaten, sie dürfen nicht ruh'n,
Sechs Fuß in's Geviert, nicht minder noch mehr,
Wie wird doch den Jägern die Arbeit so schwer!

Und nun zu den Eichen! Ein heiliger Raub!
Sie betten die Helden auf Eichenlaub,
Im Leben sie suchten nicht Lager reich,
Drum sei ihnen gebettet im Tode weich!

Die Mantelhüllen schlagt zurück,
Noch einen kurzen Abschiedsblick
Werft auf der Todten Angesicht,
Und trocken bleibt kein Augenlicht.

In Uniform — nach Krieger Art,
Auf Waidmanns Laub ruh'n sie gepaart
Antlitz und Brust gen Westen liegt,
Wo ihr Heldengeist den Feind bekriegt.

Eine Hand voll Erde — sie rieselt hinab —
Bald schaufeln die Jäger das flache Grab,
Aus Latten ein Kreuz sie pflanzen darauf,
Drei Eichenkränze als Schmuck hinauf!

Die Salve darüber! — Im heil'gen Schuß
Empfangt Alldeutschlands Liebesgruß!
Alldeutschlands Segen, Alldeutschlands Dank,
Dem Heldenkleeblatt, das kämpfend sank!

Und eh' noch das Häuflein von dannen zieht,
Stimmt's an des Grafen Lieblingslied:
„Wie sie so sanft ruh'n“ — der Choral —
Erklingt im traulichen Waidmannsthal.

„Ruht sanft, Ihr Helden, am Moselstrand,
Nie wird Euch vergessen das Vaterland,
Die treuste Macht — die Wacht vom Rhein —
Wird Eures Grabes Hüter auch sein!“ [1]

 

Bilder:
  1. Vergrößern Wesendonck, Mathilde: Gedichte, Volksweisen, Legenden und Sagen. Verlag der Dürr'schen Buchhandlung, Leipzig 1874.

Quellen:
  1. Wesendonck, Mathilde: Gedichte, Volksweisen, Legenden und Sagen. Verlag der Dürr'schen Buchhandlung, Leipzig 1874, S. 112 - 114.

Bibliografie:
  • Wesendonck, Mathilde: Gedichte, Volksweisen, Legenden und Sagen. Verlag der Dürr'schen Buchhandlung, Leipzig 1874.
  • Wesendonck, Mathilde: Zeitgedichte von 1870 von Mathilde Wesendonck. In: VII. 84. II. Literarische Arbeiten von Mathilde Wesendonck: A. Manuskripte. Stadtarchiv Zürich.


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