02.08.2010

Die Jungfrau am Traunsee

Briefwappen Mathilde WesendonckDie Jungfrau am Traunsee


1884 - 1887
 
Autografen-Gedichte-Sammlung
  
 
Ein Gedichtszyklus von Mathilde Wesendonck aus den Jahren 1884 - 1887, der nur als Manuskript überliefert ist.
 
 
Diese Gedichte sind Teil des Manuskriptes Die Jungfrau am Traunsee aus den Jahren 1884 - 1887 [II A 5]. [1] Diese Gedichte wurden zu Lebzeiten nicht veröffentlicht. Zwei von diesen fanden in neueren Zeiten einen Abdruckt.
Unter dem Eindruck ihrer neu erworbenen Sommervilla in Oberösterreich im Salzkammergut, der Villa Traunblick, und der imposanten Gegend mit dem Traunstein und Erlakogel am Traunsee entstanden diese Gedichte.
 
Mathilde Wesendonck: Titelseite der Autografensammlung Die Jungfrau am Traunsee
Wesendonck, Mathilde: Titelseite der Autografensammlung Die Jungfrau am Traunsee. [1]  
 
Diese Autografensammlung enthält folgende Gedichte, wobei das fünfte, Traunblick's Besuch, nicht recht in den Zyklus „Die schlafende Griechin“ passt:
  
Altmünster-Ebenzweier mit Traunstein und schlafender Griechin
Altmünster-Ebenzweier mit Traunstein und schlafender Griechin. (2)
 
Der Autograf zu dem Gedicht Die Jungfrau am Traun-See weist am Ende links unten folgende Anmerkung auf:
Oktober 7. 1884.
 
 
Die Jungfrau am Traun-See 

Auf harten Fels gebettet
Den hoheitsvollen Leib,
Ruht Todes-Schlaf-Umfangen
Ein Königliches Weib.
 
Ihr Haupt, zurückgesunken,
Umblauet Aether-Luft,
Und Wolken-Frauen weben
Ihm weichen Schleier's Duft.
 
Ihr Auge scheint geschlossen,
Geschlossen der schöne Mund,
Und Keines thut von Beiden
Uns sein Geheimniss kund.
 
Doch wollen's die Sterne wissen
Was nächtlich sie erschaut,
Der Mond, der stille Lauscher,
Hat's heimlich mir vertraut.
 
Wenn alles liegt im Schlafe,
Die Welt sich wiegt im Traum,
Die Welle kaum noch woget
Die See noch athmet kaum,
 
Zum Trauenstein Sie schreitet
Mit scheuer Hindin Fuss,
Und küsst die hohen Schläfen
Mit liebe-glühendem Kuss.
 
Der weckt dem greisen Recken
Sein altes Liebes-Weh,
Ihn schüttelt's u. durchschauert's
Vom Wirbel bis zum Zeh.
 
Doch hat der Tag erklommen
Des Felsen Lager's Höh'n, —
Die Jungfrau liegt im Schlafe —
Als wäre nichts gescheh'n.
 
Der Held an ihrer Seite
Sein hehres Haupt geneigt,
Starrt sinnend in die Weite:
Er jauchzt u. stöhnt u. schweigt. [1]

 

 
Wenn Du Dich hebst auf Deine Füsse

Wenn Du Dich hebst auf Deine Füsse
Und niedersteigst zum Bad im See,
Ist's, ob der Himmel zittern müsse,
Vor Deiner Glieder reinem Schnee.
 
Tief unten schwillt die Fluth u. schäumet
Sie schmiegt sich an u. schwelgt in Glück,
Und labt sich wie an Aether's Bläue,
Am tief-azurnen byanen Blick.
 
Doch lösest Du der Haare Knoten,
Wird es im Schooss der Tiefe Licht
Auf Gold Grund spiegelt Well' an Welle
Dein Götter gleiches Angesicht. [1]
 
 
Die schlafende Griechin 
 
Gegenüber von Traunkirchen, umrahmt von den Gasselkögeln und dem Spitzelstein, liegt die "schlafende Griechin", von der die Volkssage erzählt:
In dunkler Vorzeit rief der greise König Dachstein die Berge seines Reiches zu sich. Den Traunstein aber verbannte der König wegen seines Ungehorsams aus seiner Gesellschaft und ließ ihn einsam am Rande seines Riesenreiches stehen. In einer hellen Sternennacht schlich sich ein treuloses Weib aus der Felsenregion und biederte sich dem Traunstein an. Da verfluchte König Dachstein auch das Weib und verbannte es als leblosen Felsen für alle Zeiten an die Seite des Traunseegiganten. So liegt seit dieser Urzeit die "Schlafende Griechin" am Südufer des Sees. [2]
 

Altmünster-Ebenzweier mit dem Traunstein
Altmünster-Ebenzweier mit dem Traunstein am Traunsee. (3)


 
 
 
Bilder:
  1. Monogramm Mathilde Wesendonck auf einem Briefbogen.
  2. Altmünster-Ebenzweier mit Traunstein und schlafender Griechin. Ansichtskarte nach 1900.
  3. Altmünster-Ebenzweier mit dem Traunstein. Ansichtskarte nach 1900. 

Quellen:
  1. Stadtarchiv Zürich VII. 84. 2. II. A. Manuskripte.
  2. externer Link Die schlafende Griechin (Sagen.at)
    Nach: Quelle: Franz Mittendorfer, Traunkirchen - einst Metterpfarre des Salzkammerguts. Herausgegeben von der Gemeinde Traunkirchen, Linz 1981, S. 193.
 
Links:
 
Bibliografie:
  • Bissing, Friedrich Wilhelm Freiherr von: Mathilde Wesendonck. Die Frau und die Dichterin. Im Anhang: Die Briefe C. F. Meyers an Mathilde Wesendonck. (= Vorträge (23. November 1940). Erste Reihe. Heft 32/33. Kaiser Wilhelm-Institut für Kulturwissenschaft im Palazzo Zuccari, Rom). Verlag Anton Schroll & Co., Wien 1942.  
  • Cabaud, Judith: Mathilde Wesendonck ou le rêve d'Isolde. Actes Sud, Hubert Nyssen Editeur, Arles 1990.  
  • Grieser, Dietmar: Isoldes Ruhe. Mathilde Wesendonk am Traunsee. In: Nachsommertraum. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, Wien 1993, S. 84 - 103.  
  • Grieser, Dietmar: Isoldes Ruhe. Mathilde Wesendonk am Traunsee. In: Nachsommertraum im Salzkammergut. Eine literarische Spurensuche. (= insel taschenbuch 1848) Insel Verlag, Frankfurt am Main, Leipzig 1996, S. 105 - 129.  
  • Stadtarchiv Zürich VII. 84. 2. II. A. Manuskripte. 


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