Zu Wagners 66. Geburtstag
Nach langer Schweigens Nacht
⌂ 1879
Gedicht
Dieses Gedicht verfasste Mathilde Wesendonck anläßlich des 66. Geburtstages von Richard Wagner zum 22. Mai 1879, einem Donnerstag und zugleich Himmelfahrt.
Im Nachlass fand sich die Abschrift dieses freundschaftlichen Grußes, den Mathilde von Dresden aus an Wagner sendete. Im Nachlass im Stadtarchiv Zürich konnte ich nichts dazu finden, einzige Quelle ist das Buch von ihrem Enkel Friedrich Wilhelm von Bissing, Mathilde Wesendonck. Die Frau und die Dichterin, von 1942, wo er aussagt:
... sondern am deutlichsten der schöne Gruss, den sie von Dresden aus zum 22. Mai 1879 (Wagners Geburtstag) sandte, dessen Abschrift sich im Nachlass fand. [1]
Cosimas Tagebucheintrag von diesem Tag sagt:
Tag der Tage! ... Heute auch Himmelfahrt! Glockenklang und herrlichstes Wetter. - Aufstellen der Buden; alles, mit Ausnahme der Skizzen zu Parsifal, traf ein! Um 10 Uhr kann ich R. holen und wird er vom Pilger begrüßt! Alles glückt - Fidi unsäglich rührend vor meinem Bilde, daran malend, in Gewand und Frisur von Ludwig Geyer. Wie im Traum blicken wir uns an --o meine Kinder, habt Dank! -- Alles hat das Glück, R. zu gefallen, vom Bilde ab bis zu den Gläsern - wie er fort ist, fällt eine der maurischen Schalen und zerbricht, Klingsor's Pracht, fahr hin! R. ruht aus, ich empfange die Gratulanten, und wir spazieren dann im Hofgarten, wo aus R.'s Werken gespielt wird! Um 2 Uhr Mittag, die Fremden, unter welchen sich auch Freund Lenbach eingefunden! Der Bayreuther Kolonie gibt Wolz. das Diner - Fidi bringt das Hoch auf seinen Vater [aus]. R. freut sich des Gesanges "An den Geliebten", sagt mir, er habe den rechten Schluß dafür gefunden, denn er habe nicht geschlafen! Nach Tisch läßt er die Kinder den Gesang anstimmen und geht über in: "Wer ein solches Weib errungen, stimme mit in unseren Jubel ein, Retterin, Retterin" (aus Fidelio), "wie möchte ich vergehen!" ... R. geht gegen 6 Uhr mit den Freunden Levi, Lenbach und Liechtenstein zu Angermann, und wie er heimkommt, dürfen wir ihm unsere Pantomime aufführen, sie glückt so, daß R. den Unsinn uns mit Tränen dankt. O meine herrlichen Kinder! R. läßt abends für die Gäste den Tanz wiederholen. Wie ich zum Empfang der letzteren wieder erscheine, empfängt mich R. mit dem selben Gesang aus Fidelio, dies Mal nur gespielt - "o! es gibt ein Glück, das ohne Reu". [2]
Zu Wagners 66. Geburtstag
22. Mai 1879
Nach langer Schweigens Nacht
In Maien Morgen Pracht
Sei, Meister, Dir mein Gruss gebracht!
In Blüthen Schnee
Versenkt sei all' Dein Erdenweh!
Beim Maien Strahl der Sonne
Gedenke nur der Wonne,
Die uns Dein Tag gebracht. [1]
Bilder:
- Mathildes Monogramm auf Briefpapier.
Quellen:
- Bissing, Friedrich Wilhelm Freiherr von: Mathilde Wesendonck. Die Frau und die Dichterin. In: Kaiser Wilhelm-Institut für Kulturwissenschaft im Palazzo Zuccari, Rom. Erste Reihe. Vorträge (23.11.1940). Heft 32/33. Verlag Anton Schroll & Co., Wien 1942, S. 35 - 36.
- Stadt Bayreuth (Hrsg.): Cosima Wagner. Die Tagebücher. Band II, 1878-1883. Editiert und kommentiert von Martin Gregor-Dellin und Dietrich Mack. R. Piper & Co. Verlag, München 1977, S. 353.
Bibliografie:
- Bissing, Friedrich Wilhelm Freiherr von: Mathilde Wesendonck. Die Frau und die Dichterin. In: Kaiser Wilhelm-Institut für Kulturwissenschaft im Palazzo Zuccari, Rom. Erste Reihe. Vorträge (23.11.1940). Heft 32/33. Verlag Anton Schroll & Co., Wien 1942.
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