22.08.2010

Die Verlassene

Mathilde Wesendonck: Gedichte, Volkslieder, Legenden, Sagen. 1862Die Verlassene
Sprich, warum dies bittre Scheiden


1862

Gedicht 


Ein Gedicht von Mathilde Wesendonck aus dem Jahre 1862, publiziert in ihrem Band Gedichte, Volkslieder, Legenden, Sagen.


Mathilde Wesendonck: Die Verlassene. 1862

Die Verlassene. 

     Sprich, warum dieß bittre Scheiden?
Nimmst mit dir mein ganzes Glück,
Soll ich's tragen dich zu meiden,
Gieb mich erst mir selbst zurück.

     Gieb zurück den reinen Frieden,
Den Dein Blick dem Busen stahl;
Die der Liebe Glück gemieden,
Nimm ihr auch der Liebe Qual.

     Schlossest mir des Himmels Wonnen
Auf in einem heil'gen Kuß;
Weh'! er ward zum Thränenbronnen,
Daß ich immer weinen muß.

     O, daß nie in späten Jahren
Dich mein Bild im Geist betrübt;
Mögest nimmer du gewahren,
Wie so heiß ich dich geliebt.

     All' des Himmels reichsten Segen
Fleh' ich auf dein Haupt herab,
Bete, daß sie bald mich legen
In ein einsam stilles Grab.

 

Bilder:
  1. Vergrößern Wesendonck, Mathilde: Gedichte, Volkslieder, Legenden, Sagen. 1862.

Quellen:
  1. Wesendonck, Mathilde: Gedichte, Volkslieder, Legenden, Sagen. Druck E. Kiesling, Zürich 1862, S. 51.

Bibliografie:
  • Wesendonck, Mathilde: Gedichte, Volkslieder, Legenden, Sagen. Druck E. Kiesling, Zürich 1862.
     
  • Cabaud, Judith: Mathilde Wesendonck ou le rêve d'Isolde. Actes Sud, Hubert Nyssen Editeur, Arles 1990.  


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